ALL RIGHTS RESERVED COPYRIGHT DARIUSZ KANTOR

Der Kohlemann

Der Kohlemann
Der Kohlemann
Der Kohlemann
Der Kohlemann
Der Kohlemann
Der Kohlemann
Der Kohlemann

Noch vor 30 Jahren gehörten sie zum Straßenbild vieler Kohle- und Stahlindustrieregionen Europas, die Fuhrleute mit Pferd und Kohlewagen. Heute gibt es sie noch in den Köpfen der Älteren, in den Archiven der Industriemuseen - und einige wenige im oberschlesischen Polen.

Während sich Westeuropa um den Strukturwandel hin zur Informa­tionsgesell­schaft bemüht, rauchen in oberschlesischen Städten wie Bytom/Beuthen immer noch die Schornsteine des Industriezeitalters. Kaum jemand hängt dort seine weiße Wäsche auf die rußgeschwärzten Balkone der Mietshäuser.
Einer, der schon seit über 40 Jahren ihre Bewohner mit Brennstoff versorgt, ist der Fuhrmann Eward Palinki. Zu Beginn eines jeden Arbeitstages putzt er seine Schuhe und verschönt die Hufe seiner Pferde mit einer Öltinktur. Erst nach diesem Ritual holen sie gemeinsam die ersten Tonnen Kohle für diesen Tag von der nahegelegenen Zeche und bringen sie zu den Kunden des Stadtteils Lagiewniki. Die lederne Peitsche mit dem roten Zierbommel streift sanft den Rücken der beiden Pferde, die unbeirrt durch den immer dichter werdenden Verkehr der Industriestadt traben. Der fürsorgliche Umgang mit den Dingen und den Tieren hängt nicht ab vom Schmutz der Straßen und dem alles durchdringenden Staub der Kohle. Das versteht man hier.
Nicht, daß Edward Palinski sich keinen kleinen LKW leisten könnte, wie immer mehr seiner Kollegen. Aber als vor einiger Zeit eines der beiden Zugtiere krank wurde und zum Abdecker mußte, entschied er sich wieder für ein Pferd, einen Rappen, wie jedes Mal. So lange seine Kraft für diese Schwerstarbeit reicht, wird er sich wieder so
entscheiden.
Über 1000 Tonnen Steinkohle jährlich bringt Palinski mit seinem hölzernen Wagen unter die Leute. Keine schlechte Leistung, wenn man die ständig zunehmenden Schwierigkeiten bedenkt, mit denen die heutigen Fuhrmänner zu kämpfen haben – immer weniger mit Kohle beheizte Wohnungen, immer weniger Geld in den Brieftaschen der Kunden, immer weniger Zechen, immer weniger Arbeit, immer weniger...