VON GIACOMELLI ZU BÖHM
Es war wohl eine unbewusste Faszination, eine in der Zeit vorverlegte Begegnung, die sich erst viele Jahre später offenbaren sollte. In jedem Fall war es ein Anfang oder – wenn man so will – eine Fügung:
Nach dem Besuch einer Ausstellung von Mario Giacomelli beschloss ich in den neunziger Jahren das Leben in einem Alten- und Pflegeheim zu fotografieren. Eine Portraitserie sollte es werden. Schwer beeindruckt von der Art des Großmeisters und mit einer gehörigen Portion Leichtsinn und Naivität fuhr ich nach Zabrze in eine Pflegeeinrichtung des Kamillianer-Ordens. Nein, vorweg gesagt, ich erlebte dort kein Desaster. Im Gegenteil, es war eine prägende Erfahrung – sowohl fotografischer als auch menschlicher Natur. Aber zum dort Erlebten vielleicht ein andermal mehr.
Den eigentlichen Lauf dieser Geschichte habe ich erst Jahrzehnte später erkannt – nämlich dann als mir bewusst wurde, in welchen Gemäuern ich damals fotografiert habe. Es war jenes Gebäude, das 1929 als Altenheim auf dem Montagsmarktplatz in Zabrze erbaut wurde. Es entstand nach Plänen des Großmeisters der sakralen Baukunst Dominikus Böhm. St. Engelbert, eine von Dominikus entworfene Kirche, steht in Köln – 1000 km westlich vom Montagsmarktplatz. Der Sakralbau ist heute im Jahr 2025 Teil meines aktuellen Fotoprojekts. Über 30 Jahre später stehe ich also wieder – magisch berührt – in den Stein gewordenen Plänen des Dominikus: „Raum ist Sehnsucht.“ Raum ist Fügung. Wenn man so will…